Wie geht Feedback geben richtig? Wie schafft man es, konstruktiv und erfolgreich Feedbackgespräche zu führen? Welche Methoden aus dem agilen Management können in jedem Unternehmen und Team angewendet werden? Welche Kniffe bringen dauerhaft motivierte Mitarbeiter und eine top Feedback- und Team-Kultur? All das erfährst du hier in diesem Artikel. Und du bekommst 11 konkrete Tipps zum Feedback Geben.
Voraussichtliche Lesedauer: 13 Minuten
Feedback geben ist bestimmt nicht immer einfach, das kennt jeder von uns. Und oft geht ein gut gemeinter Rat schnell mal nach hinten los und man stößt auf Widerstand oder Unverständnis. Umso wichtiger, dass man sich bewusst mit Feedbackmethoden und -beispielen auseinandersetzt. Helfen können uns dafür Methoden aus der agilen Welt sein.
Agilität ist eine Sammlung von Methoden, Einstellungen, Haltungen, ein gewisses Mindset, das v.a. in der Start-up- und Tech-Welt sehr verbreitet ist.
Agilität bietet die Möglichkeit bei komplexen Projekten mit (noch) unsicherem Ergebnis, auf dem Weg zum Ziel unseren Weg oder die einzelnen Schritte und Abzweigungen, die wir einschlagen, immer wieder iterieren und anpassen zu können.
Was ist Feedback?
Feedback geben bedeutet, anderen Rückmeldung zu geben. Hierbei ist die Außenwahrnehmung entscheidend. Gibt man Feedback, teilt man anderen Menschen mit, wie ihr Verhalten nach außen wirkt, wie man diese Person erlebt oder wie man ihre Leistung beurteilt. Man kann seinem Gegenüber praktisch den Spiegel vorhalten – das sollte im positiven und konstruktiven Sinn passieren.
Feedback kann extrem wertvoll sein. Wenn es richtig eingesetzt wird und man sich als Feedbackgeber und -nehmer an klare Regeln hält …
Feedback geben im agilen Umfeld sehe ich folgendermaßen – und so wende ich das auch in meinem Team an:
Es bezieht sich eher auf das Wie, weniger direkt auf das Ergebnis selbst. Es ist vielmehr der Prozess, also das Wie:
- Wie werden bestimmte Dinge angegangen?
- Wie versuchen Mitarbeiter Probleme zu lösen?
- Wie erreichen sie gewisse Zwischenergebnisse?
- Wie arbeiten wir miteinander?
- Welche gemeinsamen Werte haben wir?
- Wie findet die Kommunikation zwischen uns statt?
Man arbeitet also beim Feedback Geben und Erhalten am System und an den Prozessen an sich und nicht direkt ausschließlich am Ergebnis. Das ist super wichtig, weil es dazu führt, dass die Leute in Zukunft die Ergebnisse und die Wege, um ans Ziel zu kommen, verbessern werden. Quasi Hilfe zur Selbsthilfe.
In dem Moment spricht man nicht mehr von FeedBACK sondern eher von „FeedFORWARD“.
Wir schauen nach vorne und nicht zu sehr auf die Ergebnisse der Vergangenheit. Wir spulen quasi vor: Wie wollen wir gemeinsam zu den nächsten und übernächsten Iterationsstufen, zu den nächsten Ergebnissen kommen?
Wie so oft im Leben muss man manchmal bei sich selbst anfangen. Für jeden von uns gilt die Illusion of Transparency, also die Diskrepanz zwischen unserer Selbstwahrnehmung und der Fremdwahrnehmung. Um diese in einem ersten Schritt aufzulösen, gibt es 2 Feedbackmethoden, die ich euch ans Herz legen kann.
Methode 1: Feedback geben mit der Methode der 5 Personen
Nehmt euch 5 Leute aus eurem Team, die euch ganz gut kennen oder mit denen ihr häufig zu tun habt. Stellt ihnen in einem kurzen Einzelgespräch 2 Fragen:
- Wie werde ich eigentlich allgemein wahrgenommen?
- Was kann ich (im Team/im Unternehmen etc.) anders machen, um erfolgreicher zu sein?
Bittet die Leute euch wirklich echtes unverblümtes, konkretes Feedback zu geben. Gebt euch dabei nicht mit irgendwelchen oberflächlichen oder zu korrekten Antworten zufrieden. Geht wirklich tief rein und fragt nach der ganz persönlichen Wahrnehmung euer Kollegen.
Methode 2: Rotierendes Peer-to-Peer-Feedback
Bei dieser Feedbackmethode trifft sich regelmäßig einmal im Monat eine Person mit einer anderen aus dem Team zum kurzen Einzelgespräch. Darin gibt man sich gegenseitig Feedback auf eine Situation, die beide miteinander erlebt haben. Hier kann man folgende Fragen erläutern:
- Wie hab ich dich in dieser speziellen Situation wahrgenommen?
- Was hättest du besser machen können oder was was hab ich mir vielleicht gedacht?
- Wie hättest du das Ganze noch optimieren können?
- Wie hättest du dich vielleicht anders verhalten können?
Das kann man ganz easy einmal im Monat implementieren. Geht super schnell. Einfach einen Termin pro Monat einstellen, der dauert 20 Minuten – 10 Minuten in die eine Richtung Feedback geben und 10 Minuten in die andere.
Jetzt ist unsere Illusion of Transparency so weit aufgelöst und wir haben eine deutlich bessere Selbstwahrnehmung gefunden. Dann wollen wir im nächsten Step dazu übergehen, den Leuten, mit denen wir zusammenarbeiten, Feedback zu geben.
Methode 3: No-Feedback-auf-Feedback-Regel
Ganz wichtig ist beim Feedback Geben sich an die No-Feedback-auf-Feedback-Regel zu halten. Also kein Feedback auf Feedback geben! Nur so könnt ihr alles aus den Leuten rausholen und sie haben nicht das Gefühl, dass sie an irgendeiner Stelle stoppen müssen, euch Feedback zu geben.
Das bedeutet wirklich, dass man einfach die Klappe hält. Und zwar sowohl was die Worte angeht, als auch, was die Mimik, Gestik etc. angeht. Einfach nur zuhören, kein Feedback auf Feedback. Verständnisfragen sind natürlich erlaubt, allerdings auch nur komplett nicht wertend.
Übrigens: Unten am Ende dieses Artikels kannst du das E-Book „66 Hacks für Entscheider“ kostenfrei herunterladen. Darin bekommst du 66 simple Tipps, um zur noch besseren Entscheider-Persönlichkeit zu werden. Alle Tipps stammen aus meinem Buch „Der Mitarbeiter-Magnet – 302 Hacks für Leader“ (Haufe-Verlag). (Download-Link unten am Ende dieses Artikels👇)
Methode 4: Feedback geben mit Evaluation
Diese Methode bezieht sich v.a. auf den Feedbackprozess mit Mitarbeitern und zielt darauf ab, das Unternehmen und das Team zu verbessern. Es geht darum, die Leistung der Führungskraft zu bewerten. Was war gut und was hätte sie vielleicht noch besser machen können?
Dazu gibt es 2 sehr smarte Fragen:
- Was würdest du tun, wenn du für einen Tag Chef hier wärst?
Unsere Leute sehen häufig Dinge, die wir nicht sehen (wollen), die wir vielleicht anders sehen oder die wir aus Betriebsblindheit nicht erkennen.
Deshalb, einfach mal seine Mitarbeiter fragen:
Hey, sag doch mal ganz kurz was würdest du tun, wenn du für einen Tag Chef hier wärst? Was würdest du angreifen, um unser Unternehmen, unser Team etc. zu verbessern?
Ich garantiere euch, da kommen spannende und wertvolle Antworten! - Was müsste sich hier ändern, damit du für immer bei uns bleibst?
Methode 5: Feedback geben mit der Start-Stop-Keep-Technik
Ich persönlich bin ein sehr großer Freund dieser Feedbackmethode. Ich nutze sie jetzt schon seit vielen Jahren mit meinem Team und es ist wirklich eine Methode, die immer funktioniert.
Die Methode ist super einfach, schnell und wirksam.
Mach mit deinen Leuten einen regelmäßigen One-on-One-Termin, z.B. alle zwei Wochen. Der muss nicht lang sein, eine Viertelstunde reicht völlig. Jeder bringt zu diesen Terminen jeweils ein Start-, ein Stop- und ein Keep-Feedback für den anderen mit:
- Start: Was wünsche ich mir von der anderen Person, was sie zukünftig tun soll?
- Stop: Was soll diese Person in Zukunft nicht mehr tun?
- Keep: Welches Verhalten schätze ich sehr an der Person und was soll sie weiterhin tun?
Ihr werdet sehen, ein solcher kurzer Austausch ist super schnell gemacht. Wichtig, dass er in beide Richtungen stattfindet. Also Führungskraft zu Mitarbeiter und Mitarbeiter zu Führungskraft.
Auch hier gilt die goldene Regel: kein Feedback auf Feedback!
Das ist manchmal nicht ganz leicht, tut vielleicht auch hin und wieder ein bisschen weh, aber das ist super wichtig. Nur dadurch geben die Leute ehrliches Feedback! Sollte es trotzdem mal Redebedarf zu einem Punkt geben, dann setzt dafür einen extra Termin fest. In dem könnt ihr nochmal mal in Ruhe relevante Punkte durchsprechen. Also Reiz von Reaktion trennen.
Weitere Infos zu dieser genial simplen Methode und das Start-Stop-Keep-Sheet zum Download gibt’s hier.
Methode 6: Feedback im Team mit 360-Grad-Start-Stop-Keep
Diese Feedbackmethode funktioniert im gesamten Team oder auch in Subteams, z.B. mit den Leuten, die am engsten miteinander arbeiten. Der Termin dauert auch hier nicht länger als 20 Minuten. Man setzt sich im Kreis kurz zusammen. Jeden Monat sitzt eine andere Person sozusagen im übertragenen Sinn in der Mitte. Die anderen drumherum geben Feedback. Daher der Name 360-Grad-Feedback.
Die eine Person bekommt Feedback von allen anderen Personen und zwar nach dem Start-Stop-Keep-Schema. Das schweißt das Team erfahrungsgemäß zusammen. Jeder Einzelne öffnet sich, das Team baut emotionale Brücken, die Transparenz untereinander steigt.
Kleine Erinnerung ans agile Mindset: Im Team ist man gemeinsam dafür verantwortlich, Dinge zu erreichen und zu verbessern.
Hier kannst du das 360-Grad-Start-Stop-Keep-Feedback-Sheet kostenlos herunterladen und sofort loslegen. Du kannst diese Technik übrigens auch nutzen, um deine Beziehung mit deinem Partner oder mit Freunden zu verbessern.
In dieser Podcast-Folge gibt es eine kurze und knackige Anleitung, wie ich diese Feedbackmethode in meinem Team nutze und wie du es bei dir erfolgreich anwenden kannst:
Wie kann man jetzt ganz konkret im Gespräch konstruktives Feedback geben? Wie kann man sich ausrücken?
Methode 7: Feedback geben mit der Methode der 3 Ws
Wenn man Feedback gibt, kann man sich an die 3 Ws halten. Das ist vielleicht nichts Neues, umso wichtiger also, dass man immer wieder daran denkt: Wahrnehmung, Wirkung und Wunsch.
Essenziell für alle 3 Ws: Kommuniziere in Ich-Botschaften.
- Wahrnehmung:
Ich habe den Eindruck, du kommst jeden Morgen 10 Minuten zu spät.
Ich habe beobachtet, dass …
Mir ist aufgefallen … - Wirkung:
Das lässt in mir das Gefühl entstehen, dass du respektlos handelst/das respektlos gegenüber den anderen ist.
Das wirkt auf mich …
Das hat zur Folge …
Folglich denke ich …
Das hat auf mich den Anschein … - Wunsch:
Ich würde mir wünschen, dass du pünktlich kommst/du nicht regelmäßig 5 Minuten zu spät kommst.
Methode 8: Anspruch auf eine Antwort
Diese Feedbackmethode spielt insbesondere eine Rolle, wenn wir es mit neuen Leuten zu tun haben. Kommen neue Mitarbeiter in unsere Firma kann man sie von Tag 1 im Onboarding Prozess um ihr konstruktives Feedback bitten. Diese Mitarbeiter sind noch hoch motiviert und haben super viel Lust durchzustarten. Außerdem sind sie noch nicht betriebsblind. D.h. sie werden auch Dinge sehen und erkennen, die vielleicht Optimierungspotential haben.
Solches Feedback können wir perfekt für uns nutzen. Gleichzeitig müssen wir unserem Gegenüber einen Anspruch auf eine Antwort garantieren. Dieser kann folgendermaßen aussehen.
Versichere deinem Mitarbeiter, dass er immer eine dieser beiden Antworten auf sein Feedback bekommt:
- Ja, vielen Dank, das werden wir ändern/das werden wir anpassen.
- Nein, das behalten wir bei, weil …
So bleiben die Leute bereit darüber nachzudenken, wie man die Zusammenarbeit optimieren kann.
Methode 9: Bedanken statt loben
Einige Studien zeigen, dass Lob von Menschen oft als ein bisschen unangenehm wahrgenommen wird. Der bessere Weg ist deshalb, sich bei Personen zu bedanken. Einfach klipp und klar für etwas Konkretes Danke sagen:
Hey, danke schön, dass du X oder Y getan hast. Das hat dazu geführt, dass …
Das wird in der Regel von Menschen als deutlich ehrlicher oder angenehmer wahrgenommen und aufgenommen als ein manchmal ein oberlehrerhaft wirkendes Lob.
Eine solche Methode Feedback zu geben motiviert Mitarbeiter dazu, auch in Zukunft in diese Richtung weiterzuarbeiten. (Lies hierzu auch: Mitarbeiter motivieren: 9+1 zündende Sofort-Tipps und Beispiele)
Methode 10: Feedback geben mit Permission Feedback
Manchmal will man seinen Mitarbeitern on the fly Feedback geben. Wie kann man das smart einläuten und die Leute abholen?
Ganz einfach: Eröffne das Gespräch mit einer kurzen Frage. Das bringt dein Gegenüber sofort ins richtige Setting.
Hey, darf ich dir Feedback geben (zu diesem oder jenem Punkt)?
Ich nenne das gern Permission Feeback, weil es im Marketing eine Methode gibt, die sich Permission Marketing nennt. Dabei holt man sich von potenziellen Kunden oder Empfängern einer Nachricht kurz die Erlaubnis ab, ihnen etwas kommunizieren zu dürfen. Dadurch sind sie empfänglicher und offener für das, was kommt.
Großer Pluspunkt dieser Feedbackmethode ist, dass die Leute auch die Möglichkeit haben, offen zu sagen, dass es zu einem anderen Zeitpunkt besser passt.
Methode 11: Skala der Selbsteinschätzung
Kritisches Feedback muss und darf durchaus auch mal sein. Wie kann man das am besten angehen? Wie spricht man an, dass man sich eine Verbesserung des Verhaltens, einer Fähigkeit, einer Fertigkeit etc. wünscht?
Hier tritt eine weitere schöne Feedbackmethode ins Rampenlicht: die Skala der Selbsteinschätzung. Eignet sich wunderbar für einen 1-zu-1-Gespräch.
In der Regel ist es allen Menschen bewusst, worin sie besonders gut sind und wo sie vielleicht noch Verbesserungspotezial haben. Frage ganz einfach:
Sag mir doch kurz, auf einer Skala von 1 – 10 rund um XY, wie hoch würdest du dich da selbst einschätzen? Welche Zahl würdest du dir geben?
Normalerweise schätzen sich die Leute richtig ein. Dann kann die zweite Frage sein:
Ja, das sehe ich ähnlich. Welche Ideen hast du, was können wir gemeinsam tun, um dich von der 6 auf eine 9 zu bringen? Wobei kann ich dich begleiten?
Auch hier wieder Stichwort Eigenverantwortung. Die Leute sollen selbst auf Ideen kommen. Die Mitarbeiter haben das Zepter in der Hand und gemeinsam sorgen wir dafür, dass Dinge erreicht werden. Das ist unglaublich wertvoll und führt am Ende dazu, dass Leute motiviert bleiben und sie Lust haben, sich weiterzuentwickeln.
Spannende Podcast-Folgen zum Thema Feedback geben und den Methoden
Folge 48 So gibst und erhältst du ehrliches und wertvolles Feedback
Folge 86 Sofort besser zusammenarbeiten mit 360 Grad Start-Stop-Keep-Feedback
Folge 239 7 geniale Fragen für Feedbackgespräche
Mehr solcher Inspirationen habe ich im folgenden E-Book zusammengestellt, das aktuell noch gratis heruntergeladen werden kann:
Erfolgreicher Feedback geben und Mitarbeiter führen: 66 simple Sofort-Tipps
Alle 66 Hacks, um von einer guten zur brillanten Entscheider-Persönlichkeit zu werden in diesem E-Book stammen aus meinem Buch „Der Mitarbeiter-Magnet: 302 Hacks für Leader“ (Haufe Verlag), das zum Start auf Platz 1 eingestiegen ist:
Hier aktuell gratis herunterladen!
Zuletzt aktualisiert am 30. März 2023